Samstag, 30. Dezember 2017

Bibelschule vs. Theologiestudium


Gerade habe ich mit einem Freund geskypet und dabei kam die Frage auf, was denn eine Bibelschule kennzeichnet und ob das mit einem Theologiestudium vergleichbar ist. Da ich nie an einer Uni Theologie studiert habe, ist meine Einschätzung dazu bestenfalls aus zweiter Hand und man möge mich gern verbessern, wenn ich falsch liege. Aber ich dachte mir, ich teile hier mal das Ergebnis meines Nachdenkens darüber.

Ich würde zwei grundsätzliche Unterschiede nennen, einer den Ansatz betreffend und der andere die Ausrichtung betreffend. So wie ich es verstehe geht es beim regulären Theologiestudium um Religion und Gott als Objekt wissenschaftlicher Betrachtung. Was der/die Studierende persönlich davon hält ist dabei erstmal nebensächlich. Man muss nicht unbedingt Christ sein, um Theologie zu studieren. Was wohl auch erklärt, wie ich am Gymnasium von einer Lehrerin in evangelischer Religion unterrichtet wurde, die sich selbst als Atheistin bezeichnete. Das heißt natürlich nicht, dass man nicht Christ sein kann. Denn natürlich studieren auch angehende Pfarrer Theologie. Laut Hörensagen ist ein Theologiestudium aber nicht unbedingt dazu gedacht den Glauben zu stärken. Erst gestern erzählte mir ein Freund von einem seiner Freunde, der gerade dabei ist im Theologiestudium seinen Glauben zu verlieren. Und ähnliche Geschichten habe ich zuvor schon gehört. Ursache ist wohl der wissenschaftliche Ansatz, bei dem ja möglichst objektiv betrachtet, analysiert und kritisiert wird - ein Ansatz, der manchmal wohl eher den Zweifel als den Glauben wachsen lässt. Womit ich nicht sagen möchte, dass der Glaube blind sein soll und nicht kritisch hinterfragt werden darf. Im Gegenteil, ich finde das sogar wichtig und würde an der Stelle gern Tim Keller aus seiner Einleitung zu "Warum Gott?" zitieren, die ich letztes Jahr gelesen, aber gerade leider nicht zur Hand habe. Er argumentiert dafür sich mit den Fragen an das und Zweifeln am Christentum auseinanderzusetzen und eigene Antworten zu finden, weil nur so ein gefestigter und reifer Glaube möglich ist. 
Ich glaube, problematisch wird es, wenn das der einzige Ansatz ist. Und hier sehe ich dann auch den Unterschied zu Bibelschulen, von denen ich ja zurzeit eine besuche. Wer auf eine Bibelschule geht, ist in aller Regel Christ. Die Motivation eine Bibelschule zu besuchen mag unterschiedlicher Natur sein - persönlich oder mit beruflicher Perspektive. Was ich aber als Gemeinsamkeit nennen würde, zumindest meiner Erfahrung hier nach, ist der Wunsch nicht nur Fakten zu lernen. Nicht nur Kopfwissen zu sammeln, sondern auch Herzwissen. Nicht nur an Wissen zu gewinnen, sondern an Nähe zu Gott. Zwar objektiv zu betrachten, aber die subjektive Gotteserfahrung nicht auszuschließen. Das Bibelstudium ist darauf ausgerichtet im Glauben zu stärken und Argumente für ihn zu finden, ohne dabei die Argumente gegen ihn außer acht zu lassen. Im Zentrum steht nicht das abstrakte, potenziell existente Studienobjekt "Gott", sondern der liebende, gerechte Vater, der Schöpfer dieser Welt, den die Bibel beschreibt. Ziel ist es nicht, selbst objektiv möglichst viel über ihn herauszufinden, sondern ihn besser kennenzulernen, vor dem Hintergrund der Annahme, dass er ein Gott ist, der sich eine Beziehung mit uns wünscht und darauf wartet, dass wir ihn besser kennenlernen wollen. Und dabei ist nicht nur der Kopf gefordert. Dieses Studium ist ganzheitlicher. Der Kopf wird nicht ausgeschlossen, aber Körper, Geist, Herz und Seele werden mit eingeschlossen. Ist es nicht auch dieser ganzheitliche Ansatz, den wir in der Bibel finden? Markus zitiert Jesus Antwort auf die Frage nach dem höchsten Gebot mit: "du sollst den Herrn, deinen Gott, von ganzem Herzen, von ganzer Seele, mit all deinen Gedanken und all deiner Kraft lieben." Danach folgt noch das bekannte "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst." (Markus 12, 30-31). Wir finden dieses Gebot der Liebe - das übrigens ein Dreifachgebot, kein Doppelgebot ist, denn wir sollen nicht nur Gott und unseren Nächsten lieben, sondern auch uns selbst - schon im 5. und 3. Buch Mose. Dieses Gebot könnte man vielleicht an die Basis des Bibelstudiums stellen. Zu lernen, wie wir Gott ganzheitlich lieben können, so, wie er es sich gedacht hat - von ganzem Herzen, von ganzer Seele, mit allen Gedanken und aller Kraft - um daraufhin zu verstehen und zu lernen, wie wir auch uns selbst auf gesunde, nicht egoistische, Weise lieben und in der Folge auch unseren Nächsten wie uns selbst. Deshalb beten wir hier gemeinsam zu Beginn jeden Tages und zu Beginn jeder Unterrichtseinheit. Weil es um mehr geht als Fakten. Weil wir die Begegnung mit Gott suchen und letztendlich er unser Lehrer ist, durch den Heiligen Geist. Das war jedenfalls meine Motivation dafür mit 28 "plötzlich" zusammen mit 18-Jährigen für 8 Monate eine Bibelschule zu besuchen. Nicht um zu lernen, wie viele Bücher die Bibel hat und wo Paulus auf seiner zweiten Missionsreise überall war - auch das, aber eben nicht nur, denn das kann man auch ziemlich schnell ergoogeln oder in einem Buch rausfinden - sondern um mir bewusst Zeit zu nehmen, um Gott besser kennenzulernen und mein Herzwissen zu vergrößern und zusammen mit anderen Christen in der Beziehung zu ihm zu wachsen.

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